Pablo: wie ein Rottweiler-Mischling den Weg zur nächsten Sensorgeneration ebnete

Der elf Monate alte Rottweiler-Mischling Pablo war eigentlich ein typischer Fall für die orthopädische Erstabklärung: junge Herkunft aus dem Tierschutz, bekannte Hüftprobleme, eine sichtbare Lahmheit, vermeintlich alles erklärt. Doch wie so oft liegt die klinische Wahrheit im Detail. Und in der Bewegung.

Objektive Lahmheitsdiagnostik mittels mobiler Kinematiksysteme bei jungen Hunden

Pablo wurde in unserer Praxis vorgestellt, nachdem sich die Lahmheit seiner rechten Vordergliedmaße zunehmend verstärkte. Ursprünglich war eine mittelgradige Hüftgelenksdysplasie diagnostiziert worden, der Fokus der bisherigen tierärztlichen Betreuung lag entsprechend auf der Hinterhand. Die Besitzerin berichtete jedoch von auffälligen Bewegungen im rechten Vorderlauf, die bislang nicht weiter verfolgt worden waren. Ein klassischer Fall von Mehrfachproblematik, wie wir sie in der Orthopädie häufig sehen.

Im Gangbild zeigten sich neben einem kompensatorischen Beckentwist vor allem subtile, aber eindeutige Hinweise auf eine Entlastung der rechten Vordergliedmaße. Auffällig war insbesondere die eingeschränkte Flexion im rechten Ellenbogengelenk sowie eine veränderte Schwungphase. Die Schulter auf der Gegenseite war bereits deutlich überlastet. Klinisch bestätigte sich dieser Eindruck: Atrophie des M. supraspinatus rechts, reduzierte Gelenkbeweglichkeit und ein positives Ergebnis der Beugeprobe.

Entscheidend war in diesem Fall die kinematische Analyse mithilfe von LupoGait. Die Messung mit unserem bewährten 6-Sensoren-System zeigte klare asymmetrische Bewegungsparameter, eine verkürzte Stützphase rechts sowie einen eingeschränkten Bewegungsumfang im Ellenbogengelenk. Die Kombination aus klinischem Befund und objektiver Auswertung führte zur Durchführung einer gezielten diagnostischen Leitungsanästhesie, mit bemerkenswertem Effekt: Bereits nach 20 Minuten war die Lahmheit nahezu vollständig verschwunden. Die Kontrollmessung bestätigte dies eindrucksvoll, alle relevanten Parameter hatten sich normalisiert. Im Anschluss konnte die Verdachtsdiagnose durch ein CT eindeutig bestätigt werden: fragmentierter medialer Processus coronoideus (FCP) rechts.

Was den Fall Pablo jedoch besonders macht, geht über die erfolgreiche Diagnose hinaus. Denn trotz des klaren Befundes zeigte sich im Verlauf der Auswertung ein entscheidender Punkt: Bestimmte funktionelle Muster, vor allem im Bereich des Schultergürtels und der axialen Kompensation ließen sich mit dem 6-Sensoren-System nur eingeschränkt erfassen. Die klinische Beobachtung und die technische Auswertung waren kongruent, doch es fehlte an Daten aus Segmenten, die bislang außerhalb des Sensorbereichs lagen. Pablo war der erste Patient, bei dem sich dieser Bedarf so deutlich manifestierte.

Dieser Fall wurde damit zum Ausgangspunkt für die Entwicklung des erweiterten LupoGait 12-Sensoren-Systems.

Die neue Konfiguration ermöglicht nun zusätzlich die Erfassung:

  • der Beckenkinematik (Sakrum, Darmbein)
  • der thorakalen Rotation (Brustwirbelsäule)
  • der proximalen Extremitätenabschnitte (z. B. Humerus, Oberschenkel)
  • sowie der globalen Stabilität über ein sensorisches Referenzmodul

Durch die zusätzliche Sensorik lassen sich subtile Kompensationen, Beckenverwindungen, Schulterrotationen und sogar neurofunktionelle Dysbalancen noch präziser quantifizieren. Besonders für junge Hunde wie Pablo, deren Bewegungsmuster sich noch in der Entwicklung befinden, ergibt sich daraus ein bedeutender Mehrwert für Prävention, Diagnostik und Therapieverlauf.

Der Fall Pablo steht somit exemplarisch für das, was LupoGait® als System ausmacht: eine Verbindung aus klinischer Praxis, wissenschaftlicher Präzision und technologischer Weiterentwicklung. Aktuell befindet sich das 12-Sensoren-System in der Testphase bei ausgewählten Partnerpraxen. Weitere Forschungsprojekte, unter anderem zur Welpenentwicklung und zur neuroorthopädischen Diagnostik, sind in Vorbereitung.

Denn manchmal ist es ein einzelner Patient, der den entscheidenden Impuls gibt.

Pablo war einer davon.

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